Burgruine Kallmünz

Die Besiedlung des „Schlossberges“ reicht bis in die Vorgeschichte zurück, eine erste Befestigung in das 10. Jhdt. Die strategisch hervorragend zwischen Naabtal und Vilstal am Kreuzungspunkt mehrerer Altstraßen gelegene Burg sicherte eine 1230 als „alt“ umschriebene Reichszollstätte. Bauherren waren entweder das staufische Königshaus, das hier Reichsgut hielt, oder (weniger wahrscheinlich) die Wittelsbacher, die auf unbekannte Weise die Herrschaftsrechte über Kallmünz erlangt hatten. Nach mehreren Verpfändungen zwischen 1344 und 1356 durfte Pfalzgraf Ruprecht I. die Burg 1358 auslösen und 1361 Baumaßnahmen an ihr durchführen. Erst 1459 gelang es Herzog Albrecht III. Burg und Markt Kallmünz für Oberbayern zurück zu gewinnen. Allerdings ging Kallmünz 1505 an das Herzogtum Junge Pfalz (Pfalz-Neuburg).

Zustand des Turmes 1885Im Landshuter Erbfolgekrieg brannten böhmische und pfälzische Truppen 1504 die Burg nieder, die jedoch wieder instand gesetzt wurde. 1633 und 1641 kam es zu erneuten Zerstörungen. Die fortan als Steinbruch genutzte Burg kam 1793 in Gemeindeeigentum undwurde seit Ende des 19. Jhdts. wiederholt saniert.

Die offenbar komplexe Baugeschichte der Burg ist ebenso problematisch wie ihr historischer Hintergrund, da die Datierung der ältesten Burgbauten zwischen 1150 und 1280 variiert und eine kompetente Bearbeitung der Bausubstanz noch aussteht. Diese stellt höchste Ansprüche an die Fachwissenschaft der Castellologie.

Höchst eindrucksvoll ist der mächtige Ungarnwall des 10. Jhdts., der den 3 ha. großen Bergsporn sichelförmig nach Norden abriegelt. Die Hauptburg beschränkte sich auf das Areal am äußersten Ende des Vorgebirges, direkt über dem Steilabfall zur Naab und Vils. Von besonderem Interesse sind hier der fast zentral aufragende runde, zweimal gestufte, bereits 1904 teil-instandgesetzte Bergfried mit seinem Hocheingang, die nördlich an den Palas angebaute Kapelle und der den Markt überblickende, noch zweigeschossig erhaltene Palas mit seinem qualitätvollen Bauschmuck. Überdies erhalten haben sich der Torbau und der die Hauptburg umgürtende Bering.

1351 führte Pfalzgraf Ruprecht I. u.a. Baumaßnahmen auf der Burg durch, die sich ohne genauere Bauforschung nicht lokalisieren lassen. Ein der Ringmauer vorgeschalteter Zwinger mit Schalentürmen wird allgemein ins 15./16. Jhdt. datiert. 1617 wurde die Außenstiege zum Hocheingang des Bergfrieds erneuert. Um 1904 erhielt der Bergfried, dessen untere Hälfte besonders unter Steinbruchtätigkeiten gelitten hatte, eine neue Außenschale. Zugleich versah man das Burgtor mit einem Spitzbogen.

Lageplatz und bestehende Architektur sind überaus eindrucksvoll und burgenkundlich sogar äußerst wertvoll. Hinzu kommt das pittoreske historische Ensemble mit dem unterhalb der Burg gelegenen Ort. Die Burg birgt für sich, aber auch gemeinsam mit dem Ort ein enormes Potential für den Kulturtourismus und mittelalterinteressierte Personen. Hier lässt sich Wehrarchitektur vom 10. bis 16. Jahrhundert in ihrem Formenwandel anschaulich nachvollziehen und erleben.   

Mit ihren gut erhaltenen Baukomponenten Bergfried – Palas – Kapelle – Torbau – Ringmauer – Artillerieumwehrung repräsentiert die Burg Kallmünz ein herausragendes Exemplar der Denkmälergattung Burg und eignet sich daher ausgezeichnet zur Wahrnehmung des dringend erforderlichen didaktischen Auftrags, ein historisch korrektes Bild von Burgen und Mittelalter zu vermitteln.

 

Dr. phil. Joachim Zeune: Burgenforscher

(„Kurze Würdigung der Burg Kallmünz“, 2012)


www.burgenforschung-zeune.de

Burgruine Kallmünz